„Zwischen uns ein ganzes Leben“ von Melanie Levensohn
Die Agentur Mainwunder hat eine besondere Aktion für das gerade erst erschienene Buch von Melanie Levensohn geplant und ich freue mich unglaublich, dass ich auch dabei sein darf. Denn wir Ihr sicherlich in meiner Rezension schon gelesen habt, ist es für mich ein besonderes Buch, das mich sehr berührt hat.
Gestern gab es bei Diana einen tollen Schnipseltag, der Euch sicherlich sehr neugierig auf das Buch gemacht hat. Heute möchte ich Euch gerne mehr über die drei Frauen erzählen, um die es in diesem Buch geht. Doch bevor ich beginne, dürft Ihr nochmal einen genaueren Blick auf das Buch werfen, um welches es in dieser Aktion geht.
Klappentext:
Paris, 1940: Für die jüdische Studentin Judith wird es unter der deutschen Besatzung immer gefährlicher. Zusammen mit ihrer großen Liebe Christian, Sohn eines Bankiers, plant sie heimlich die Flucht. Doch plötzlich ist sie spurlos verschwunden.
Mehr als fünfzig Jahre später in Washington: Auf Jacobina lastet ein Versprechen, das sie ihrem Vater gegeben, aber ihr Leben lang nicht eingelöst hat. Sie soll ihre unbekannte Halbschwester Judith finden. Jetzt bleibt ihr nicht mehr viel Zeit. Da trifft sie auf die junge Französin Béatrice. Die beiden Frauen freunden sich an. Gemeinsam machen sie sich auf eine Suche, die sie weiter führt, als sie je erwartet hätten …
Bücherfakten:
Zwischen uns ein ganzes Leben // Melanie Levensohn // Fischer Taschenbuch Verlag // ISBN: 978-3596702718
So, nun aber zu drei sehr unterschiedlichen, aber durchweg interessanten Frauen:
Judith Goldemberg
Beginnen wir mit der Frau, deren Schicksal alle drei Frauen vereint. Judith ist jüdische Studentin und lebt gemeinsam mit ihrer Mutter in Paris. Das Zusammenleben mit ihrer Mutter ist nicht immer leicht, denn seitdem die Ehe ihrer Eltern gescheitert ist, ist ihre Mutter nur noch eine Hülle ihrer selbst. Oft vergräbt sie sich tagelang und sucht die Einsamkeit. Dennoch ist Judiths Liebe zu ihrer Mutter grenzenlos und sie genießt die „guten Tage“ mit ihrer Mutter sehr.
Judiths Geschichte beginnt im Jahre 1940, wo sie ihre große Liebe Christian kennenlernt. Er ist der Sohn eines einflussreichen Bankiers, der noch dazu ein großer Antisemit ist. Christian teilt die politischen Ansichten seines Vaters nicht im geringsten, sondern sorgt sich sehr um Judith, die unter der deutschen Besatzung immer gefährlicher und eingeschränkter lebt. Schon bald kommt ihm der Gedanke, gemeinsam mit ihr zu fliehen, um irgendwo anders ein sicheres Leben mit ihr zu beginnen.
Ich habe Judith von der ersten Seite an gemocht. Sie hat eine unglaublich positive Art und versucht lange, das beste aus ihrer immer schlechter werdenden Lage zu machen. Natürlich hilft ihr oft sehr, dass ihr Freund Christian viele Möglichkeiten hat, um ihr eingeschränktes Leben etwas lebenswerter zu machen. Ich habe die Momente sehr genossen, in denen Judith mit Christian zusammen war. Natürlich ist der Fortgang der Geschichte, über den ich hier nichts weiter sagen möchte, sehr berührend und auch mit ein paar Überraschungen bestückt. Ich kann nur sagen, dass Judith eine wunderbare Person ist, die ich wahnsinnig bewundere und die – meiner Meinung nach – jeder kennenlernen sollte!
Jacobina Grunberg
Jacobina ist Judiths Halbschwester. Allerdings erfährt Jacobina erst am Sterbebett des Vaters überhaupt von Judiths Existenz. Er bittet sie inständig, nach Judith zu suchen, was sie ihm völlig überrumpelt natürlich auch verspricht. Doch dieses Versprechen wird von ihr nie aktiv angegangen. Erst als sie selbst alt und alleine ist, wird ihr schmerzlich bewusst, dass ihre Zeit knapp wird und dass ihr die Einlösung des Versprechens doch sehr wichtig ist. Zum Glück trifft sie Béatrice, die ihr nicht nur bei der Suche nach Judith Hilfe anbietet, sondern ihr auch in einer persönlich schlimmen Zeit beisteht!
Was Jacobina betrifft, war ich zu Beginn des Buches sehr zwiegespalten. Die Szene am Sterbebett ihres Vaters hat mich sehr bewegt und entführt den Leser ganz wunderbar mitten in das Geschehen des Buchs. Zu diesem Zeitpunkt habe ich sehr mit ihr gelitten, denn es wird schnell klar, dass Jacobina und ihr Vater Lica nicht das beste Verhältnis hatten und erst als es zu Ende geht, nähern sich die beiden etwas an. Zu diesem Zeitpunkt war mir Jacobina ziemlich nahe und auch überaus sympathisch.
Als ich sie dann einige Seiten später wiedergetroffen habe, war ich erst entsetzt, was aus ihr geworden ist. Denn sie ist eine alte, verbitterte und auch ziemlich verwahrloste Frau geworden, die niemanden im Leben hat und völlig alleine mit sich ist. Es hat mir viel Freude bereitet, zuzusehen, wie Jacobina sich mit der jungen Béatrice anfreundet und ihr Leben langsam wieder lebenswert wird. Darüber hinaus nimmt sie nicht nur die Hilfe von Béatrice in Anspruch, sondern gibt ihr auch wertvolle Momente zurück!
Béatrice Duvier
Oberflächlich betrachtet wirkt Béatrice wie eine Frau, die es ganz nach oben geschafft hat. Sie hat einen anspruchsvollen Job bei der Weltbank von Washington, legt großen Wert auf teure Kleidung, exquisite Kosmetik und gutes Essen. Auch hat sie eine Wohnung in der besten Lage und ist in einer festen Beziehung. Sie wirkte auf mich zuerst ich-bezogen und versnobt. Doch blickt man hinter die Kulissen, entdeckt man ein anderes Leben. Denn sie leidet in ihrem Job unter ihrem fiesen und ungerechten Chef, dem sie es einfach nicht recht machen kann. Die Beziehung zu ihrem Freund Joaquín, der ein alleinerziehender Vater ist, wird von der pubertierenden Tochter Laura bestimmt und somit ist an traute Zweisamkeit so gut wie gar nicht zu denken. Außerdem ist Joaquín ein absolutes Arbeitstier und scheint sich mit allem mehr zu befassen als mit Béatrice. Sie ist somit eine ziemlich einsame – und nicht gerade glückliche – Frau.
Als Béatrice dann Jacobina trifft und sich mit ihr anfreundet, beginnt sie sich zu verändern und ihre Lebenssituation zu hinterfragen. Denn bei der Suche nach Judith trifft sie auch auf Grégoire, der ihre Welt völlig aufwirbelt und für viele Gefühlswallungen sorgt.
Nicht nur diese drei weiblichen Protagonisten erwarten Euch in „Zwischen uns ein ganzes Leben“, …
sondern noch jede Menge anderer Charaktere, die es absolut wert sind, von den Lesern entdeckt zu werden: Sei es Christian, Judiths große Liebe, der sich sehr mutig gegen das antisemitische Regime auflehnt und in seinem Chauffeur Jean-Michel einen treuen Verbündeten findet. Oder sei es Grégoire, der durch seine unvergleichlich herzliche und freundliche Art ein wenig Sonnenschein in Béatrices einsame Welt bringt. Oder oder oder …
Es gibt jede Menge zu entdecken und ich kann nur jedem raten, sich das Buch zu schnappen und abzutauchen. Ihr werdet unglaubliche Lesestunden haben und am Ende hoffentlich genauso begeistert sein wie ich: von der Geschichte des Buches und von seinen Protagonisten ♡